Wieso du dankbar für Kritik sein solltest

Kritik ist dein Antrieb

Ein Plädoyer, wieso du dankbar für Kritik sein solltest!

Immer wieder fällt mir in meinem Umfeld auf, dass Kritikfähigkeit eine selten gesäte Eigenschaft ist. Seien es Freunde, die schnell beleidigt sind, wenn ich mal anderer Meinung bin; Bekannte, die an die Decke gehen, weil ich einen konstruktiven Vorschlag machen oder gar Arbeitgeber oder Klienten, die keinen gut gemeinten Rat annehmen können/möchten – die Liste an Emotionalität rund um das Thema „Kritik“ ist sehr lang. Warum aber fällt es so vielen Menschen schwer, Kritik anzunehmen? Warum suchen die meisten Menschen auf ihrem Weg immer nur Lob und Anerkennung, anstatt sich auch mal schmerzenden Wahrheiten zu stellen? Oder können wir einfach nicht dankbar für Kritik sein?

Gründe für Kritikunfähigkeit

Kritik kann einem kritikunfähigen Menschen weh tun, auch wenn sie noch so vorsichtig formuliert ist – unter dem Strich bleibt leider immer das Thematisieren negativer Beobachtungen, zumindest wenn du es aus dieser Perspektive betrachtest. Andererseits bietet Kritik aber auch die Chance auf Verbesserung und kann somit sehr hilfreich sein, wenn du an einer bestimmten Sache wachsen möchtest.

Die Gründe für Kritikunfähigkeit sind vielfältig und wie bei vielen Dingen sind auch hier  die Auslöser in der Kindheit und Sozialisierung zu finden. Oft haben Menschen ein sehr ausgeprägtes Bedürfnis nach Anerkennung und Bewunderung, verbunden mit einem sehr hohen Anspruch-Denken. Hinter einem starken Schutzwall an Unnahbarkeit und narzisstischen Zügen, versteckt sich oft Verletzlichkeit, Angst davor Schwäche zu zeigen, Einsamkeit und ein fehlendes Selbstwertgefühl. Kritik wird per sé als Angriff gegen die eigene Persönlichkeit verstanden und durch einen Gegenangriff abgewehrt. Sehr oft sind leistungsorientierte Erziehung, fehlende emotionale Wärme, fehlende Grenzen, sowie die Einstellung, dass Zuwendung nur durch bestimmte Leistungen erreicht werden kann, schuld an mangelnder Kritikfähigkeit. Viele Menschen wachen in dem Glauben auf, ihre Schwächen verbergen zu müssen. Schwäche ist für viele Menschen gleichbedeutend mit Ablehnung. Wer sich hingegen geliebt und angenommen fühlt, hat in der Regel kein Problem mit Kritik.

Konstruktive Kritik ist gut und wichtig

Doch konstruktive Kritik ist wichtig und muss keineswegs (wie oft unterstellt) böse gemeint sein; im Gegenteil: gute Kritiker sind unverzichtbar, wenn du in einem Bereich vorankommen möchtest.

Was nützt schon Lob von allen Seiten, wenn wir ehrgeizig nach „mehr“ streben? Nur wenn ich Kritik gegenüber aufgeschlossen eingestellt bin, kann ich meine eigene Leistung differenziert betrachten und an den Details feilen. Natürlich ist es wichtig, gute Kritik von schlechter Kritik zu unterscheiden – und genauso wichtig ist es auch, sich nicht von jeder kleinsten Kritik gleich aus der Bahn werfen zu lassen. Eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und eine realistische Selbsteinschätzung können dabei helfen, Kritik von subjektiver Meinung oder schlechter Absicht zu unterscheiden.

Achte auf die Metaebene

Auch die Metaebene von dir und deinem Kritiker ist ein wichtiger Faktor: Wenn du selbst z.B. Künstler bist und ein bestimmtes Feedback zur Umsetzung deiner Werke einholen möchtest, dann ist es sinnvoll einen Künstler einer ähnlichen Sparte um Rat zu fragen. Wenn du aber daran interessiert bist, wie deine Betrachter deine Werke wahrnehmen, dann solltest du jemand fachfremdes um eine Meinung bitten.

Ich persönlich schätze gute Kritik sehr. Dabei mische ich sowohl „Künstlerkritik“- wie auch allgemeines Feedback gerne und gleiche Schnittmengen ab. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut auch (selbsternannte) „Kunstbanausen“ Unstimmigkeiten wahrnehmen, auch wenn sie vielleicht nicht genau sagen können, was da „komisch“ ist. Im musikalischen Bereich ist das sehr oft zu beobachten: auch vermeintlich unmusikalisches Publikum erkennt sehr wohl, ob ein Musiker gut spielt oder die Töne an mancher Stelle nicht trifft. Es lohnt sich also besonders, die eigene Zielgruppe, um Feedback zu bitten.

Kritikfähigkeit kann gelernt werden

Was sollst du nun aber tun, wenn du mit Kritik schlecht umgehen kannst? Die gute Nachricht ist: du kannst es üben und lernen!

Wichtig ist, dass du an deinem Selbstbewusstsein arbeitest. Du solltest dich in kritischen Situationen bewusst Zeit nehmen, in Ruhe über die gesagten Dinge nachdenken; so läufst du nicht Gefahr vorschnell von deinen eigenen Gefühlen übermannt zu werden. Du kannst dann in Ruhe darüber nachdenken, wie du die Kritik bewertest und wie du darauf reagieren kannst.

Es kann auch helfen, sich für die entgegengebrachte Kritik zu bedanken. Zum einen signalisierst du deinem Kritiker, dass du seinen Einwand ernst nimmst und zum anderen erarbeitest du dir langsam eine neue Einstellung, in der du dir selbst eingestehst, dass Kritik eine Chance sein kann. Du solltest nicht gegen Kritiker ankämpfen und nicht alles persönlich nehmen, sondern auf der sachlichen Ebene bleiben. Es macht mehr Sinn sich zu fragen, warum die Kritik geäußert wurde und was daraus gelernt werden kann, anstatt sich zu ärgern.

Gute und schlechte Kritik unterscheiden

Es ist auch wichtig, sich von ungerechtfertigter Kritik und bösen Kritikern zu distanzieren. Schlechte Kritik erkennst du daran, dass die Kritik ohne argumentative Ebene und ohne Lösungsvorschläge geäußert wird. Möglicherweise wirst du sogar für etwas kritisiert, für das du gar nicht verantwortlich bist. Böse Kritiker projizieren meist ihre eigene Unzufriedenheit auf Andere und haben nur im Sinn den Anderen niederzumachen, um von den eigenen Schwächen abzulenken. Es ist wichtig, das zu verbalisieren und sich davon zu distanzieren. Konstruktive Kritik ist immer freundlich, empathisch und enthält einen gut gemeinten Lösungsansatz; der Kritiker bemüht sich um eine Art und Weise, die nachvollziehbar ist und möchte verstanden werden.

Selbstwahrnehmung schulen

Um kritikfähiger zu werden, solltest du dich nicht bei jeder Kleinigkeit infrage stellen. Ein geringes Selbstwertgefühl und ein ausgeprägter Perfektionismus sind ein Anzeichen, dass du zu hart zu dir selbst bist. Eine gesunde Selbstwahrnehmung hilft dabei, Kritik richtig einzuordnen. Wenn ich meine Fremd- und Selbstwahrnehmung miteinander abgleiche, dann kann ich einschätzen, ob die geäußerte Kritik gerechtfertigt ist oder ob es sich nur um eine Einzelmeinung handelt. Auch solltest du dich mit deinem eigenen, inneren Kritiker beschäftigen: jeder Mensch ist selbstkritisch, es ist jedoch wichtig, empathischer und mitfühlender mit sich selbst umzugehen – es nützt nichts sich selbst immer nur schlecht zu machen. Fehler sind normal, kleine Schwächen hat jeder – das solltest du akzeptieren und nicht ablehnen. Selbstliebe, Selbstannahme und ein positiver Glaube an sich selbst sind ein guter Start, um das Verhältnis zwischen sich und der Kritik zu verbessern – natürlich passiert dies nicht von heute auf morgen, aber in kleinen Schritten kannst auch du nach und nach zu einem entspannten, kritikfähigen Menschen werden.

Hast du noch Fragen zu dem Thema? Schreib‘ mir gern einen Kommentar.

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