Ein Hoch aufs Netzwerken!

Netzwerken

Stell dir vor du kommst auf ein Netzwerktreffen und schaust dich ein bisschen um. Plötzlich hörst du ein paar Tische weiter Jemanden lauthals etwas in die Runde rufen, gefolgt von viel Zuspruch und Geklatsche. Du gehst ein bisschen näher heran und hörst dir die Diskussion an. Eigentlich ist es gar keine richtige Diskussion, denn immer derselbe regt sich in einer Tour über irgendetwas Belangloses auf und alle anderen nicken und stimmen zu.

Es geht irgendwie um junge Unternehmer, die in seinen Augen wohl einen „auf dicke Hose“ machen und Papas Freunden Lebensweisheiten beibringen wollen, obwohl sie selbst noch „in die Windeln scheißen“… Der Redner selbst trägt einen piekfeinen Anzug mit Schlips und Krawatte, ist gefühlte 100 Jahre alt, genau kannst du sowas sowieso nicht einschätzen – und eigentlich ist das auch egal – denn generell ist dir Alter eigentlich egal, und was hat das eigentlich mit Kompetenz zu tun?

„Entschuldigung“ sagst du höflich, „darf ich vielleicht auch etwas dazu sagen? Sehen Sie, ich bin selbst auch erst 30 Jahre alt und ich bin nun auch schon seit 9 Jahren selbstständig, arbeite u.a. als Dozentin und ich habe schon viele Menschen unterrichtet, die älter sind als ich. Warum setzen Sie denn Lebenserfahrung mit Wissen und Expertise gleich? Könnten Sie mir das vielleicht erklären?“ – Stille und komisch-musternde Blicke, plötzlich setzt der piekfeine Herr an:

„Hä? Was willst du?“

Und du fragst erneut: „Naja, könnten Sie das vielleicht erklären? Warum sind junge Unternehmer per sé inkompetent und sollten älteren Kunden nicht weiterhelfen können? Warum spielt das Alter so eine große Rolle?“

Stille, herabschätzende Blicke von oben und: „Bist wohl auch so ’n selbsternannter Profi, ’ne, mit all deiner Erfahrung…“ (hämisches Lachen) „was kannst DU so einem alten Hasen wie mir denn schon beibringen?!“

„Anstand?“ denkst du, beißt dir aber auf die Zunge, denn du weißt schließlich wie „niveaulos“ geschrieben wird und deshalb versuchst du es nochmal freundlich:

„Ich habe nie behauptet ein Profi zu sein und vor allem mache ich keinerlei Unterschiede zwischen selbsternannten Profis, Experten, Coaches, denn das sind alles einfache Bezeichnungen, die nichts aussagen – es zählt für mich ob derjenige mir Wissen vermitteln kann oder nicht“.

„Hahahahaha. Wissen. Du und Wissen. Hahaha. Langsam wird es langweilig hier!“

„Sagen Sie mal wollen Sie mich nicht verstehen? Oder tun Sie nur so? Oder haben Sie einfach keine Argumente?“

„Jetzt reicht’s mir aber!“ er haut auf den Tisch, wirft ein paar Gläser um und stürmt türknallend aus dem Raum.

Du bleibst verdattert zurück, mit ungeklärten Fragen und einem komischen Gefühl.

Wenn du nach dieser Geschichte denkst: Ach du meine Güte, wie kann man sich denn nur so verhalten? Dann denke bitte einmal an die Online-Kommunikation. Ersetze das Netzwerktreffen durch eine x-beliebige Social Media-Plattform, ersetze das Gespräch durch einen Beitrag, ersetze den alten Herren durch einen „Branding Experten“ und den Konversationspartner, durch eine junge Unternehmerin, die eine Diskussion anstößt und eine andere Meinung vertritt, et voilà: du bist mittendrin in einer fachmännischen „Online-Diskussion“, in der sich der Autor gern selbst reden hört und Gegenmeinungen aushebelt, in dem er dich ganz einfach mundtot macht (blockiert).

Ein Hoch aufs „netzwerken“ mit gestandenen Persönlichkeiten.

Übrigens: nach einer wahren Begebenheit. Ereignet auf der Business-Plattform LinkedIn. Nicht der erste und sicher nicht der letzte „Fall“.

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