Kaum ein Bereich wird so sehr unterschätzt wie die Kunst in Unternehmenskontexten.
Das Bild vom brotlosen Künstler hält sich wirklich hartnäckig in den Köpfen. Kunst ist Zeitvertreib & „Nice-to-have“, Kunst ist nette Unterhaltung und zu mehr aber auch nicht zu gebrauchen – stimmt’s? 😉 Was soll man als etabliertes Unternehmen mit einem ausgeprägten Wirtschaftsdenken schon mit der Meinung eines Künstlers anfangen?
Jedes Unternehmen ist an Innovation & Fortschritt interessiert
Drehen wir den Spieß an dieser Stelle mal um: vor welchen Herausforderungen stehe ich als etabliertes Unternehmen in der Wirtschaft? So gut wie jedes Unternehmen, welches ich kenne, möchte gern innovativ und dynamisch sein, komplexe Sachverhalte leicht verständlich an Mitarbeiter und Kunden vermitteln, eine positive Unternehmenskultur fördern und motivierte Mitarbeiter bei sich beschäftigen, welche mit Engagement und Ehrgeiz dabei sind, dabei sollen natürlich die Zahlen stimmen, skalierbare Erfolge verzeichnet werden und eine möglichst hohe Krisenresistenz vorhanden sein. Klar. In der Realität sieht es allerdings so aus, dass Abläufe und Fachwissen immer komplexer werden, die Kommunikation innerhalb des Unternehmens oft problematisch ist und das Unternehmen natürlich vielen Marktschwankungen unterliegt. Insgesamt stehen wir alle vor einer relativ ungewissen Zukunft, weil sich eben in der Praxis nicht alles im Vorfeld kalkulieren und planen lässt – und was weitere Krisen angeht… naja, Volatilität ist hier das Stichwort. Der Fokus von Wirtschaft liegt sehr häufig auf einer möglichst präzisen Prognose. Es wird versucht alle Eventualitäten so genau wie möglich zu kalkulieren. Doch was ist mit nicht absehbaren Ereignissen?
Des einen Schwächen können des anderen Stärken sein
Ich könnte also anders sagen: die größte Schwäche wirtschaftlichen Unternehmertums liegt in einer fehlenden Flexibilität und Bereitschaft auch mal „waghalsig“ an Dinge heranzugehen bzw. mal etwas dem Zufall zu überlassen. Ergebnisoffenheit ist bei rational orientierten Unternehmen nicht vorhanden.
Diese Schwäche kennen Künstler nicht. Denn Kunst arbeitet seit jeher mit den beiden Prinzipien der Neuschöpfung und (schöpferischen) Zerstörung – ein Künstler ist sich bei Beginn einer Arbeit nie eines endgültigen Zieles sicher, vielmehr ist der Weg sein Ziel. Kunstwerke werden nicht gemacht, sie entstehen. Der Künstler ist es gewohnt mit Ungewissheit umzugehen, dadurch bleibt er beweglich und ist – in schwierigen Zeiten – resilienter. Selbst wenn du ihm sein Kunstwerk nimmst, das künstlerische Denken wirst du ihm nie nehmen können. Das ist seine große Stärke.
Kunst hinterfragt, provoziert, stößt an – Wirtschaft plant, prognostiziert, sichert ab
Kunst ist ein wunderbares Medium und Werkzeug, um Prozesse zu hinterfragen, strategisch die Perspektive zu wechseln und Unternehmenskommunikation neu zu denken. Auch das Unternehmertum erfordert an vielen Stellen Kreativität und Schöpfergeist, es sind definitiv Parallelen zum künstlerischen Schöpfungsprozess vorhanden. Der Hauptunterschied zwischen Kunst und Wirtschaft liegt allerdings in der Perspektive und Einstellung.
Entscheidend für den Erfolg von Kunst im Unternehmenskontext sind das Engagement und die Risikobereitschaft des Unternehmens, über die Kunst (als Medium) neue, kreative Lösungen zu formulieren. Treffen Künstler auf offene und neugierige Unternehmen und Auftraggeber, können sich hieraus sehr wertvolle Projektpartnerschaften (Sparring) entwickeln. Ein echter Mehrwert für beide Seiten. Risikoaverses Verhalten in der Unternehmensführung hingegen ist der Killer für jegliche künstlerische Intervention.
Und, was würdest du sagen? Bist du als Unternehmer flexibel oder versuchst du stets alles genaustens zu planen? Schreib‘ mir gern deine Gedanken in die Kommentare.