Wieso wir uns von Erfahrungswerten, Belegen und Beispielen verabschieden sollten, wenn es um innovatives Denken geht
Irgendwie irrwitzig, dass auf innovative Ideen grundsätzlich die Frage nach Erfahrungswerten und Praxisbeispielen folgt.
Wie sollte etwas komplett Neues Beispiele und Erfahrungen aus der Vergangenheit aufweisen können?
Auf dieses Problem stoßen „Innovatoren“ wie Forscher, Kreative, Freigeister o.ä. regelmäßig, wenn sie mit der Wirtschaft ins Gespräch kommen.
Das, was innovative Köpfe dann ganz schnell lernen, ist, dass sie nicht nur innovative, komplett neue Ideen haben, sondern auch eine komplett andere Sicht auf die Dinge. Was für sie glasklar ist, muss der Wirtschaft erst schonend nahegebracht werden.
Innovationen setzen eben auch innovatives Denken voraus!
Und dieses beinhält eine große Portion Risikobereitschaft, Ergebnisoffenheit und das Verständnis, dass eine innovative Idee sich eben nicht belegen lässt, weil es in der Natur der Sache liegt: innovativ = neu = unerprobt.
Ein Kreativschaffender, Künstler, Innovator plant und prognostiziert aber nicht. Und darin liegt – wie häufig von linearen Denkern unterstellt – KEINE Schwäche, sondern ein riesiges Potential. Ein offenes Denken macht uns empfänglicher für (kreative) Lösungen, auf die wir sonst nicht gekommen wären.
Vielleicht liegt die Herausforderung von Innovation auch gerade darin, dass erst das Bewusstsein und die richtige Einstellung im Gegenüber vorhanden sein (oder etabliert werden) müssen, um eine Basis zu haben und etwas Neues hervorbringen zu können.
Das Korsett von Planbarkeit erstickt innovatives Denken im Keim
Cross-Over Projekte sind eine Chance synergetisch Potentiale aus Kreativität und Unternehmergeist zu schöpfen. Doch werden solche Projekte im Keim ersticken, wenn man versucht sie ins Korsett von Planbarkeit zu stecken.
Kein kreativer Geist möchte hören, dass seine innovativen Ideen erst bewiesen werden müssen, um umgesetzt werden zu können. Ergebnisoffenes Arbeiten ist bedingungslos!
Das ist die Basis, um überhaupt den Zugang zu diesem Feld zu schaffen.
Nicht fehlende Beispiele sind das Problem, sondern dass Alles aus der Brille der Wirtschaftlichkeit betrachtet wird
Auch im innovativen Bereich gibt es immer vergleichbare Modell-Projekte. Das Problem dieser liegt aber häufig darin, dass diese Projekte als „Experimente“ abgetan werden und meist nur eine begrenzte Zeit „ausprobiert“ werden. Fälschlicherweise wird dann der Rückschluss gezogen, dass die Projekte gescheitert oder nicht zukunftsfähig seien.
Die traurige Wahrheit ist aber in den häufigsten Fällen, dass solche Konzepte aus finanziellen Gesichtspunkten – meist früher als später – eingestampft werden.
Viele Pilotprojekte aus der Kultur werden durch Fördertöpfe des Bundes, Stiftungen o.ä. finanziert und erwirtschaften selbst nichts (oder lassen sich nicht/ nicht schnell genug monetarisieren).
Es ist eine Frage, wie ich Erfolg definiere
Wenn die „Wirtschaftskraft“ der einzige Parameter ist den ich ansetze, dann scheitern die Projekte natürlich und werden als „nicht erfolgreich“ deklariert. Wenn ich Erfolg aber anders definiere und die finanzielle Komponente ausklammere, dann sind diese Projekte selbstverständlich erfolgreich und von sehr großem Wert!
Kurzum: sie sind erfolgreich, aber eben nicht wirtschaftlich. Sie bringen meist wertvolle, ideelle Ergebnisse, können aber auf lange Sicht dennoch nicht in dem wirtschaftlich-kapitalistischen System bestehen, in welchem wir uns bewegen. Und das ist natürlich ein sehr großes Problem.
Es ist also schlichtweg falsch anzunehmen, dass eine neue Sache keinen Erfolg bringe, weil es (noch) keine Referenzwerte gäbe. Nur weil es noch keine Beispiele gibt, heißt das nicht, dass etwas scheitern wird. Es heißt lediglich, dass nichts Bestimmtes garantiert werden kann!
Wirtschaft sollte aufhören, ihr Gerüst auf Sicherheit und vermeintlichen „Garantien“ aufzubauen.
Denn nur wer Volatilität anerkennt, der lernt flexibler auf Krisen und Veränderungen zu reagieren.
Dies und noch mehr können kontroverse Bereiche wie Kultur & Wirtschaft voneinander lernen, wenn sie bereit sind sich füreinander zu öffnen. Sie müssen dafür lernen, den jeweils anderen zu verstehen. Veränderung lässt sich nicht allein erreichen, sondern resultiert stets aus einer Bündelung von verschiedenen, vielfältigen Kräften. Das zumindest lässt sich hinreichend belegen, sobald wir einen Blick in die Geschichte werfen.