Was ist Art Thinking?

Art Thinking

„Art Thinking“ („Artistic Thinking“ oder zu dt. „künstlerisches Denken“) ist ein Denk-Prozess, welches einem erlaubt ein breiteres Spektrum an Herausforderungen betrachten und mit Komplexität zurecht kommen zu können. Es erfordert eine Kombination aus Offenheit, Risikobereitschaft und stellt quasi den Prozess der Entwicklung einer ganz neuen Denkweise dar. 

Bereits seit mehreren Jahrzehnten forschen verschiedenste Wissenschaftler/-innen an den Potentialen von Kunst und Kreativität. Das Interessante an der Forschung rund um Art Thinking ist allerdings, dass sie nicht von Seiten der Kunst- oder Kulturwissenschaftler stammt, sondern stets durch Soziologen mit Fokus auf Business und Wirtschaft erfolgt. Praxisorientiert wird das „Denken von Künstlern“ auf diverse Organisationsformen übertragen und dessen Ergebnisse evaluiert.

Prof. Dr. Ariane Berthoin Antal vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)¹ beispielsweise veröffentlichte bereits 2009 das Buch „Transforming Organisations with the Arts“, in welchem sie hunderte praktische Beispiele künstlerischer Interventionen analysierte und durchweg positive Ergebnisse verzeichnen konnte.

2016 folgte das Buch „Artistic Interventions in Organizations“² von Prof. Dr. Antal, welches die Forschung weiterführte und mit praktischen Vorschlägen verband. Beide Bücher sind sehr lesenswert, wenn man sich von der Macht künstlerischer Interventionen für Organisationen überzeugen möchte.

Die Denkweise eines Künstlers kann somit dafür verwendet werden, um neue Strategien, Managementlösungen, Geschäftsmodelle oder Kommunikationswerkzeuge zu entwickeln, die auf den ersten Blick für gar nicht möglich erscheinen.

Art Thinking setzt sich über Konventionen hinweg. Es stellt Paradigmen in Frage. Es ist eine agile Methode, um auch Unwahrscheinliches möglich zu machen. Es ermöglicht alternative Perspektiven, um nachhaltige Lösungen hervorzubringen. Genau genommen ist es keine Methode, welche bestehende Lösungen verbessert, sondern ganz neue Lösungen erfindet.

Dabei besteht keine Notwendigkeit, selbst aktiv kreativ oder künstlerisch versiert zu sein: vielmehr geht es darum unkonventionelles Denken zu schaffen. Praxisbeispiele konnten belegen, dass dieses Denken auch bei Mathematikern, Physikern oder Chirurgen vorhanden sein kann.³

Durch viele vorangegangene Forschung ist Art Thinking heute ein evidenzbasierter Ansatzes. Es gibt bereits Beispiele Hunderter künstlerischer und unternehmerischer Fälle, welche den positiven Einfluss künstlerischen Denkens bestätigen.

Das Schöne ist: Art Thinking ist keine Theorie. Art Thinking bietet praktische Prinzipien, Inspiration und eine gesunde Portion Pragmatismus, um dich darin zu unterstützen, den Spagat zwischen kreativem Denken mit dem Streben nach Ergebnissen in Einklang zu bringen.

Die amerikanische Künstlerin, Dozentin und Business-Expertin Amy Whitaker, studiert seit Jahren die Geschichten von Sportlern, Managern, Schriftstellern, Wissenschaftlern, Unternehmern und Künstler, um Sie in den Prozess des „Künstlerischen Denkens“ einzubeziehen. 2016 veröffentlichte sie das gleichnamige Buch „Art Thinking“ und begründete damit die Methode, welche sich seitdem weltweit langsam größerer Beliebtheit erfreut.

Amy Whitaker selbst fasst den Ansatz von „Art Thinking“ simpel zusammen. Frei nach Whitaker: „Wenn du in irgendeinem Bereich ein Kunstwerk erschaffen willst, dann gehst du nicht von Punkt A nach Punkt B. Du erfindest Punkt B. Art Thinking kombiniert die Denkweise der Kunst und die Werkzeuge des Geschäfts, um Raum für Ergebnisoffenheit zu schaffen. Es ist wichtig mit Unsicherheiten und Risiken zurecht zu kommen. Art Thinking führt dich von Schnapsideen „Wäre es nicht cool, wenn …?“ konkret zu höchsten Ziele. Es kann dir dabei helfen, kreative Fähigkeiten aufzubauen, die du in allen Facetten des Geschäfts und des Lebens anwenden kannst.“ In vielen inspirativen TED-Talks kannst du Amy Whitakers Erkenntnissen lauschen. Das Besondere an ihren Ergebnissen ist der Fokus Künstlern Wirtschaft nahezubringen und nicht umgekehrt. Dies ist ihrem eigenen Hintergrund als Akademikerin im Bereich Business geschuldet.

Durch meine Arbeit an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft fällt es mir aber nicht schwer, diese Lücke zu schließen und Whitakers Art Thinking Methode weiterzuentwickeln bzw. von Kunst auf Wirtschaft zu übertragen.

Welche Potentiale birgt Art Thinking für Organisationen?

Bei Unternehmen der freien Wirtschaft dominiert in der Regel eine lineare, profitorientierte Denkweise. Die Unternehmensstrukturen sind oftmals starr und unflexibel. Es wird versucht Risiken möglichst gering zu halten, Experimente sind nicht gern gesehen. Es wird versucht größtmögliche Skalierbarkeit zu erreichen, in dem Planbarkeit gelebt wird. Die Folge davon sind eingefahrene Strukturen, kein Raum für unkonventionelle Ideen, fehlende Neugierde und Kreativität. Auf Krisen wird meist zu langsam reagiert, da das Überraschungsmomentum des unerwarteten Ereignisses die Akteure hemmt.

Das ist in etwa genau das Gegenteil der Herangehensweise vom ergebnisoffenen, flexiblen Art Thinking. Art Thinking rüttelt somit an struktureller Eingefahrenheit und bringt frischen Wind und neue Impulse in bestehende Prozesse. Das Klima kann (!) sich dadurch insgesamt zum Positiven wandeln und mehr kreative Lösungen ermöglichen, welche sonst gar nicht erst aufgekommen wären. Und das Schöne daran: Art Thinking ist nachhaltig.

 

Quellen:

1 https://www.wzb.eu/de/personen/ariane-berthoin-antal
2 https://books.google.de/books/about/Artistic_Interventions_in_Organizations.html?id=r_qoCgAAQBAJ&redir_esc=y
3 https://creativecompany.ageofartists.de/blick-ins-buch/einleitung-das-zeitalter-der-kuenstler/
4 https://www.harpercollins.com/products/art-thinking-amy-whitaker?variant=32207727099938

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